Die Geschenke des Herrn Habeck: Politische Ökonomie des Mietpreisdeckels

Ökonomische Evidenz

Der schwedische Ökonom Assar Lindbeck (1971, The Political Economy of the New Left : An Outsider’s View, p. 39) hat einmal gesagt: “Mietpreisbindung scheint derzeit die effizienteste Vorgehensweise zu sein, um eine Stadt zu zerstören – abgesehen von Flächenbomben.”. In diesem Zitat steckt ein gehöriges Stück Frustration. Verständlich, denn Wirtschaftswissenschaftler zeigen in der Bewertung von Mietobergrenzen eine hohe Einigkeit, die bei Linken, Roten, Grünen auf taube Ohren stößt:

1. Reduzierter Anreiz zum Bau von neuem Wohnraum. Das gilt auch dann, wenn neuer Wohnraum von einer Mietpreisbindung ausgenommen ist. Eine solche Ankündigung ist nicht glaubhaft oder in den Worten des Ökonomen nicht zeitkonsistent, teils spielperfekt.

2. Erhöhter Anreiz Wohnraum verfallen zu lassen bis der ökonomische Wert der Mietobergrenze entspricht.

3. Reduzierte ökonomische Mobilität. Bewohner von mietpreisgedeckeltem Wohnraum können den Wohnraum nicht verlassen, um in eine neue Stadt (mit besserem Job) zu ziehen. Ich habe 10 Jahre in London gelebt. Wer dort nicht über die richtigen Fähigkeiten verfügt, muss die Stadt verlassen (weil Wohnraum ohne Job nicht zu finanzieren ist). So wird Platz für neues Talent geschaffen. Klingt herzlos? Wie herzlos und ineffizient und wachstumsschädlich (steuerschädlich…) ist es, den Menschen mit entsprechend guten Fähigkeiten den Zugang zu Jobs zu erschweren?

4. Es wird keine neuer Wohnraum geschaffen, und die Vergabe richtet sich nach Beziehungen, Gefälligkeiten und Nepotismus.

5. Systemfremder Eingriff in Eigentumsrechte, d.h. eine ökonomische Teilenteignung (in Höhe des Barwerts der entgangenen Mietzahlungen). Die Enteignung erfolgt entschädigungslos.

6. Schlechte Regulierung muss durch wiederholte Runden von Regulierung geflickt werden, um die oben beschriebenen Wirkungen zu reduzieren. Es folgen neue Vorschriften, mehr Beamte und kreative Umgehungen…

 

Was will Habeck?

Der Wirtschaftswissenschaftler lernt schnell, dass kognitive Begrenztheit eine zu faule Erklärung für das scheinbar widersprüchliche Verhalten von Individuen ist. Er fragt immer zuerst nach deren Anreizen. Auch in der Realität erklärt fehlende Ausbildung nicht die gesamte Varianz des Irrsinns. Suchen wir also nach rationalen Gründen für die Haltung der Linken (Grüne wie Habeck inbegriffen). Es drängen sich zwei offensichtliche politische Anreize auf: Klientelpolitik und schnelle politische Gewinne.

Klientelpolitik. Ein Großteil der Grünen Wähler (über 80%) lebt in Städten. Es ist ersichtlich, warum die Grünen die Städte auf Kosten anderer (Pendler) attraktiver (autounfreundlicher) machen wollen. Attraktiver bedeutet auch teurer, wäre da nicht der Mietdeckel. So kann man in Hamburg, München, Bremen und Berlin sicher wieder gewählt werden.

Schnelle politische Gewinne. Wer schnell an die Macht will, hat Interesse an Politik, die aktuelle und potentielle Wähler heute besser stellt und deren Kosten erst in Folgejahren anfallen. Der Barwertverlust (kapitalisierte Differenz zwischen Marktmiete und Mietdeckel) beim Eigentümer interessiert niemanden – auch nicht deutsche Juristen, wie die verschwurbelte Begründung des Bundesverfassungsgerichts zeigt. Es stellt klar: Regulierung muss keiner Marktlogik folgen, und in größtmöglicher Beliebigkeit hält es die ökonomische Teilenteignung (von der es überzeugt ist, es wäre juristisch gar keine) für im öffentlichen Interesse. Ob die negativen Folgen einer Mietpreisbindung (siehe Abschnitt zuvor) auch im öffentlichen Interesse liegen?

Enteignung

Das Bundesverfassungsgereicht hat wieder einmal gezeigt, wie wenig es von Barwertrechnung versteht (zumindest weniger als Herr Habeck). Es sei keine Enteignung, weil das Eigentum bleibt und dem Eigentümer zugemutet werden kann, dieses nicht gewinnoptimal zu nutzen (öffentliches Interesse). Mit den Worten von Norbert Blühm: Das Eigentum ist sicher, nur sein Wert nicht. Machen wir eine Beispiel: 

Ich bin Eigentümer eines Hauses. Die marktgerechte reale Miete für das Haus sei 10000 Euro im Jahr. Wir vernachlässigen Abschreibungen. Bei einem langfristigen Realzins von 2% beträgt der Wert des Hauses 500000 Euro: ewige Rente von 10000 mal 1/Zins (=1/2%=50) . Jetzt kommt Herr Habeck und deckelt meine Mieteinnahmen auf 7500 Euro im Jahr. Der Wert meines Hauses beträgt 375000 Euro. Ich bin juristisch immer noch Eigentümer des Hauses. Ökonomisch hat Herr Habeck gerade 1/4 meines Haues an meinen Mieter (seinen Wähler) verschenkt. Ob ich 100% Eigentum an einem Haus mit 375000 Euro Marktwert besitzt oder 75% Eigentum an einem Haus mit 500000 Marktwert ist ökonomisch identisch. QED

 

Bewertung: Berlin den Berlinern?

Klingt ein wenig wie Deutschland den Deutschen. Ist es auch. Der Zugang zu beliebten Lagen erfolgt nicht mehr über den Preis, sondern für viele über das Geburtsrecht (oder das Windhundprinzip). Doch nur der Preis zeigt, wieviel es dem Mieter wert ist, in einer Region zu leben, und jeder ist frei, sein Haushaltsbudget nach seiner Wahl zu gestalten (Wieviel bin ich bereit für eine schöne Wohnung mit kurzem Weg zur Arbeit zu zahlen?).

Die Gewinner dieser Politik sind Städter und Bezieher hoher, sicherer Einkommen (Grüne Wähler?). Diese werden sich die Augen reiben vor Freude. Schließlich zahlen sie weniger als sie zu zahlen bereit wären. Für die alleinerziehende Mutter wird es dagegen schwer werden, sich gegenüber der Generalswitwe durchzusetzen. Aber nichts, was man nicht durch mehr Regulierung ändern könnte. Wie wäre es mit Wohnbezugsscheinen oder einer einkommensabhängigen Mietpreisbremse?