Die Politik hat Corona

Karl Valentin hat einmal gesagt: „Es ist alles gesagt, nur nicht von allen“. Ich werde daher meinen heutigen Blogbeitrag der Interaktion zwischen Virus und Politik widmen.

Was liegt vor uns?

Mit zunehmenden Behandlungskapazitäten, zunehmender Behandlungserfahrung und vielleicht dem Anwenden alter Medikamente auf ein neues Problem wird die Fähigkeit des Gesundheitssystems steigen, auch mit einer hohen Anzahl von Intensivpatienten umzugehen. Umfangreiches Testen wird Aufschluss über echte Mortalität und Immunisierungsgrad (Grad an Herdenimmunität) geben. Das wird eine wesentliche Information sein. Beispiel: Wenn mehr als 2/3 der Gesellschaft bereits (temporär?) immun sind, dann wird auch ein Virus mit einem R0 von 3 langsam verschwinden. Von drei Menschen, die ein Träger infiziert, sind dann im Schnitt mehr als zwei immun, d.h. R0 ist auf unter 1 gesunken.

Aber auch ohne eine hohe Vorimmunisierung wird der Trade-off zwischen den Interessen des Wirtschafts- und des Gesundheitsministers immer schmerzlicher werden. Noch sind beide Interessen gleichgerichtet. [Aus den Zeiten der spanischen Grippe wissen wir, dass die Städte mit dem restriktivsten Lockdown die wenigsten Menschenleben zu beklagen hatten und die schnellste wirtschaftliche Erholung erfahren konnten.] Das wird sich aber in zwei bis drei Monaten verändert haben. Die Politik wird dann die meisten Beschränkungen für die niedrigen Risikogruppen aufheben können und hohen Risikogruppen empfehlen sich selbst zu isolieren. Der Coronavirus wird zum allgemeinen Lebensrisiko erklärt, gegen das auch der Staat nicht schützen kann. Der Staat kann in 3 Monaten selbstbewusst behaupten, dass er alles getan hat, um mit den zu erwartenden Fällen (nachdem er lange zugesehen hat) umzugehen.

Ich rechne mit einem Neustart des Systems Ende Q2/Anfang Q3 2020. Wir werden es uns nicht leisten können, auf die Ankunft des Impfstoffes zu warten. Im besten Fall haben wir in Q2 2021 einen Impfstoff, der jedes Jahr an die Mutationen angepasst werden kann, oder der Virus mutiert sich in eine schwächere Version.

Was kann schiefgehen?

Die beiden schlimmsten Szenarien sind eine zu frühzeitige oder schlecht durchgeführte Öffnung der Kontaktverbote mit einem massiven Anstieg von Neuerkrankungen, die das Gesundheitssystem überfordern oder die Mutation des Virus in eine tödlichere Variante (10% Mortalität über alle Altersgruppen und kein Impfstoff). Alternativ könnten lokale Machthaber versuchen, lokale Konflikte für sich zu nutzen. Im schlimmsten Fall eskaliert der kalte Krieg mit China (ich hoffe die USA haben realisiert, dass sie sich bereits im kalten Krieg befinden).

Was wird sich ändern?

Viele Beobachter sprechen von einem historischen Moment und davon, dass die heute lebenden Generationen in die Geschichtsbücher eingehen werden. In jedem Fall sind es intellektuell extrem interessante Zeiten, in denen alle Bruchlinien von Gesellschaft, Wirtschaft und Politik aufplatzen können. Zu viel für einen Blogbeitrag. Trotzdem möchte ich ein paar Prognosen wagen. Wir werden dauerhaft mit der Einsicht leben müssen, wie groß die Bedrohung durch Viren ist. Unser aller Verhalten wird sich ändern, und wir werden physische soziale Kontakte auf einen engeren Kreis beschränken. Wir werden öfter zu Hause essen, mehr von zu Hause arbeiten, weniger oft ins Kino gehen, einen größeren Teil unserer Geschäfte von zu Hause machen, und auch die Bahn ist deutlich unattraktiver geworden.

Die Politik wird die Devise ausgeben: „Diese Krise darf sich niemals wiederholen“. Unter diesem Deckmantel wird staatliche Willkür und Umverteilung (erst nach der überstandenen Krise) politikfähig werden. Alternativlose Grundsteuererhöhungen klammer Gemeinden werden noch das geringste Übel sein. Solidarität(-szuschläge) wird erzwungen werden.   

Die realen Erfahrungen mit dem Sozialismus liegen schon lange zurück, und so trifft der Virus des Sozialismus auf eine wenig vorimmunisierte Bevölkerung. Es ist kein Impfstoff in Sicht. Den gibt das Schulsystem schon lange nicht mehr aus.