SPD und Grüne fordern von der CDU die Äquidistanz (in der Verweigerung jeglicher Zusammenarbeit) zu extremen Linken und Rechten (zu Gunsten der Linken) aufzugeben. Ein Vergleich von AfD und Linken ist daher unerlässlich, aber eine klare Antwort (soweit überhaupt möglich) ist im gegenwärtigen politischen Klima mit erheblichen persönlichen Risiken verbunden. Die Kernfrage wäre: Ist Deutschland unter der AfD schlimmer als China oder ist Deutschland unter den Linken besser als Venezuela?
Maschinelle Analyse der Parteiprogramme
In einem ersten Schritt habe ich mir die Parteiprogramme von Linken (57 Seiten) und AfD (190 Seiten) als pdf Dateien von den jeweiligen websites heruntergeladen und mit Hilfe der Software R (unter echten Quants am weitesten verbreitet) verarbeitet. Nach dem üblichen Säubern der Daten ergeben sich folgende wordclouds (Linke, links und AfD, rechts).
Beide Parteien haben unterschiedliche Themenschwerpunkte. Während die AfD die Worte Deutschland und Deutsch stark betont (nationaler Fokus) dominieren bei der Linken die Begriffe Gesellschaft und sozial (kollektiver Fokus). Freiheit ist in beiden Programmen nicht überrepräsentiert. Das entspricht den extremen Ecken, denen beide Parteien zugeordnet werden: Der Nationalismus der AfD trifft den Klassenkampf der Linken. Welt- versus Bürgerkrieg. Keine schöne Wahl. Vergleichen wir das zur Kontrolle mit den Karlsruher Freiheitsthesen der FDP. Die entsprechende wordcloud (den Code stelle ich zur Replikation gern zur Verfügung) sieht dann so aus:
Die Idee ist eine freie, individuelle, und liberale Gesellschaft, geleitet von Selbstverantwortung. In keiner Weise radikal oder gefährdend. Wen wundert es da, dass man den Term “marktradikal” erfinden musste, um eine freiheitliche Partei zu diskreditieren.
Wie unterscheiden sich Links- und Rechtsextreme bei der Durchsetzung ihrer Ziele? Historisch sind gewaltsame Mittel Links- und Rechtsextremen in gleicher Weise recht. Leider werden aber gewaltbereite Linke fast liebevoll (und unterschätzend) als Chaoten bezeichnet und auch das Tragen eines RAF Sterns interessiert heute (fast) niemanden mehr. Die Toten des Nationalsozialismus sind unstrittig und lasten für immer auf allen Rechtsextremen. Bei linken Massenmorden scheint sich aber eine seltsame Amnesie einzuschleichen. Russland, China, Nordkorea, Vietnam oder Venezuela sind Beispiele für die gewaltsame Umsetzung der kollektivistischen Utopie. Stalin, Lenin, Mao Zedong, Kim-Jong-il sind für Millionen von Toten verantwortlich. Allein Mao wird auf etwa 100 Millionen veranschlagt. Selbst wenn man es Frau Wagenknecht nicht direkt zutraut, in ihrem schicken Kleid in der Lausitz einen Gulag zu eröffnen, so ist es keineswegs so, dass sich in Deutschland die links- oder rechtsextreme Gewalt im Ausmaß unterscheiden. Die RAF (33 Todesopfer) ist in der Nachkriegsgeschichte immer noch beispiellos (was keineswegs die NSU relativieren soll), und auch autonomen Zellen oder dem schwarzem Block will niemand begegnen.
Anleitung zum Nachdenken
Für manchen ist schon die Frage tabu, aber die Kernfrage zur persönlichen Beurteilung des Extremismuspotentials beider Parteien lautet: „In welchem Ausmaß würde sich öffentliches, privates und wirtschaftliches Leben in Deutschland verändern, wenn eine der beiden Parteien eine absolute Mehrheit hätte?” Oder wie oben beschrieben: “Will ich lieber in China oder Venezuela leben?” Um dies zu beantworten, bieten sich eine Reihe von Unterfragen an, die jeder für sich beantworten muss. Ich werde nur den Fragenkatalog, aber keine Antworten liefern.
- Wer würde wirtschaftliche und/oder persönliche Freiheit stärker einschränken? Gehöre ich zu den direkt betroffenen Gruppen?
- Wie würden sich demokratische Wahlrechte verändern? Wer würde die parlamentarische Demokratie stärker einschränken wollen? Wer würde den Schutz von politischen Minderheiten stärker abbauen?
- Welche gesellschaftlichen Gruppen würden sich auf gegenüberliegenden Seiten treffen und welche Auseinandersetzungen wären zu erwarten?
- Unter welcher Partei wäre die öffentliche Ordnung stärker gefährdet?
- Welche Partei würde die Medien- und Pressefreiheit einer stärkeren Aufsicht unterwerfen?
- Wie würde die Wirtschaft dauerhaft reagieren? Unter welcher Partei wäre der Wohlstand in Deutschland höher?
- Welche Bevölkerungsgruppen würden das Land verlassen und welche Einbußen/ Gewinne wären damit verbunden?
- Wie nachhaltig wäre das Verhältnis Deutschlands mit seinen europäischen Nachbarn gestört? Wem würde das Verhältnis zu China und den USA besser gelingen?
Diese Fragen muss jeder für sich beantworten und für sich gewichten. Wem Wohlstand und ökonomische Freiheitsrechte sehr wichtig sind, der wird in der AfD das geringere Übel sehen. Wer Ungleichheit im Ergebnis, Rassismus und Diskriminierung für die größten Übel unserer Zeit sieht, wird die Linken bevorzugen.
Eine objektive Wahrheit gibt es nicht. Wer das behauptet, dem sind die allergrößten Zweifel entgegenzubringen!
Sehr gut und treffend zusammengefasst. Toller Artikel!
Dem kann ich mich nur anschließen!
Mitunter scharfzüngig –